Fast jeder an Literatur interessierte Erwachsene auf der Welt kennt Andersens herzzerreißende Geschichte von der kleinen Meerjungfrau, die sich in einen Prinzen verliebt, sich unter Qualen zu einem Menschen verwandeln lässt, zusehen muss, wie ihr Prinz eine andere heiratet und sich am Ende in Meeresschaum auflöst. Das erste, hier ebenfalls abgedruckte, Ende der Geschichte war aber noch hoffnungsvoller: Darin werden die Meerjungfrau und ihr Prinz im Jenseits doch noch vereint.
Die Briefe Andersens an den von ihm geliebten Freund Edvard Collin, die in diesem prächtigen Band abgedruckt sind, bezeugen, warum Andersen dieses Märchen als das von allen seinen Werken ansah, das ihm selbst am nächsten war: als Geschichte seiner eigenen unerfüllten großen Liebe.
Mit Die Kleine Meerjungfrau setzt Benjamin Lacombe die Reihe der von ihm illustrierten klassischen Texte fort, zu denen er jeweils einen Fachmann für eine literaturwissenschaftliche Analyse herangezogen hat, wie zuletzt bei Lafcadio Hearns Geistergeschichten aus Japan oder Felix Saltens Bambi.
»Neben dem Originaltext des Märchens in der alten, von Andersen selbst autorisierten deutschen Fassung erläutern Vorwort und ein ausführliches Nachwort des Literaturwissenschaftlers J.-B. Coursaud Andersens besondere Beziehung zu diesem, seinem persönlichsten Märchen. Beigefügt sind Briefe des Dichters, die belegen sollen, dass Andersen nicht nur die Tochter seines Förderers Louise Collin, sondern als versteckt Homosexueller auch ihren Bruder Edvard unglücklich liebte und sich selbst in der kleinen Meerjungfrau darstellte, was Lacombe mit symbolträchtigen Illustrationen unterstützt.«
Lieselotte Jürgensen, ekz
»In einer suggestiven Märchentransformation entwirft der französische Künstler die tragische Seejungfrau als androgynes Wesen und eröffnet damit – basierend auf Andersens Biografie – neue Deutungshorizonte. Intensive Blau-, Pink-, Violett- und Rottöne dominieren die abfallenden Illustrationen und lassen die Unterwasserwelt als dunkel leuchtenden Kosmos schillern, in dem sich Pflanzen und Tiere in fluoreszierendem Pantone-Pink ranken. […] In ausführlichen Vor- und Nachworten sowie durch den im Anhang abgedruckten Briefwechsel zwischen Hans Christian Andersen und Edvard Collin wird die Ausgabe historisch und künstlerisch angeordnet.«
Heidi Lexe, Seitenweise
»Der Franzose Benjamin Lacombe legt mit seinen bittersüßen, bombastisch ins Pinke spielenden Bildern das dunkle Geheimnis des Märchens offen – für junge wie ältere Emos ein Lesefest mit Gänsehaut.«
lups, Nürnberger Zeitung
»Mit unheimlicher Bildkraft und pointierten Bezügen aus der Kunstgeschichte leitet Lacombes Interpretation zu einer differenzierten und vielschichtigen Lesart des Kunstmärchens an, die neue Deutungshorizonte eröffnet. Die im Anhang abgedruckten Briefe von Andersen sowie die ausführlichen Vor- und Nachworte des französischen Verlegers Jean-Baptiste Coursaud liefern wichtige historische Einordnungen und Ergänzungen.«
Claudia Sackl, bn.bibliotheksnachrichten
»Ein Vorwort, ein ausführliches Nachwort und ein Briefwechsel von H. C. Andersen und seinem Freund E. Collin tragen viel zum vertieften Verstehen des Textes bei. Am beeindruckendsten sind jedoch Benjamin Lacombes vielfältige und Atmosphäre schaffenden Illustrationen. Er betont mit Farben und Formen das Uneindeutige, welches auch Andersen in seinen Text einfliessen lässt.«
Karin Schmid, querlesen
»Lacombes Interpretation des Textes, die im Sinne eines Queer Readings nicht (nur) nach dem Begehren des Autors, sondern (auch) nach jenem des Textes fragt, leitet zu einer differenzierten und vielschichtigen Lesart des Kunstmärchens an, die neue Deutungshorizonte eröffnet.«
Claudia Sackl, STUBE, Kröte des Monats Juni 2023
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